JEJÍ PASTORKYŇA (JENŮFA) JW I/4

Oper in drei Akten

Libretto von Leoš Janáček nach dem gleichnamigen Theaterstück von Gabriela Preissová

1894-1903, rev. 1907, 1908, 1915

Uraufführung 21. 1. 1904 Brünn

Erstausgabe Klub přátel umění, Brno 1908 (Klavierauszug), Universal Edition, Wien 1918 (Partitur), 1969 (partitura), hrsg. von Joannes Martin Dürr), 1996 (Partitur, Klavierauszug, hrsg. von Charles Mackerras, John Tyrrell, Brünner Version von 1908 - kritische Edition)


  • Die Oper ist ein vertontes reimloses Theaterstück und spielt auf einem mährischen Dorf Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Prager Opernpremiere 1916 bedeutete für Janáček den Beginn seiner Anerkennung im In- und Ausland.

Für "Jenůfa" diente wiederum ein Werk der mährischen Schriftstellerin Gabriela Preissová als Vorlage. Diesmal handelte es sich um das gleichnamige Theaterstück, das in den Jahren 1890 und 1892 auf Prager und Brünner Bühnen aufgeführt wurde und vielfach Polemik hervorrief. Preissová überzeugte zwar Janáček davon, dass sich ihr Drama für eine Verarbeitung als Oper nicht eigne, aber Janáček hatte diesmal nicht vor, eine Oper mit gereimtem Libretto zu schreiben. Als allererster tschechischer Komponist beschloss er, einen Prosatext zu vertonen. Darauf brachten ihn unter anderem seine Untersuchungen zur Rhythmik und Melodik der menschlichen Sprache, zu denen auch das Notieren von Redefragmenten als "Sprechmelodien" gehörte. Preissovás Theaterstück arbeitete er selbst um, unternahm viele Streichungen und kürzte es insgesamt. Für die Arbeit an "Jenůfa" benötigte er fast neun Jahre. Den ersten Akt beendete er im Jahr 1897, den zweiten 1902. Der letzte Akt entstand unter für Janáčeks Familie höchst tragischen Umständen. Im Jahr 1902 reiste die Tochter Olga zu Janáčeks Bruder nach Petersburg, um vor der geplanten Staatsprüfung ihr Russisch zu vervollkommnen. Dort ereilte sie aber eine Grippe und ihr ohnehhin schlechter Gesundheitszustand verschlechterte sich bis zur Hoffnungslosigkeit. Janáček vollendete die Oper im Februar 1903, zu der Zeit, als Olga im Sterben lag. Er widmete "Jenůfa" dem Andenken seiner Tochter. Die Premiere trug er dem Prager Nationaltheater an, dessen Leitung lehnte jedoch mit der Begründung ab, dass die Oper zur Aufführung ungeeignet sei. Die Uraufführung fand am 21.1.1904 in Brünn statt und erntete ungewöhnlichen Erfolg. Janáček bemühte sich jedoch weiter um die Annahme seines Werks in Prag, weil die ärmlichen Bedingungen des Brünner Theaters für die Aufführung seiner Neuheit unzureichend waren. Das Prager Nationaltheater lehnte weiterhin ab, bis sich 1915 dank der diplomatischen Bemühungen von Janáčeks Freunden die Theaterleitung und der Dirigent Karel Kovařovic überzeugen ließen, "Jenůfa" anzunehmen. Für die Prager Aufführung nahm Kovařovic einige Änderungen in der Instrumentierung vor und nahm sich selbst der Einstudierung an. Mit der höchst erfolgreichen Prager Premiere am 26.5.1916 hatte sich Janáček endlich nicht nur im tschechischen, sondern auch im Weltmaßstab als Komponist durchgesetzt. Für die Oper begann sich nun der Prager Schriftsteller und Publizist Max Brod einzusetzen. Er machte den Wiener Verlag Universal Edition auf sie aufmerksam, übersetzte das Libretto ins Deutsche und bald interessierte sich die Wiener Hofoper für das Stück. Weitere ausländische Einstudierungen ließen nicht lange auf sich warten. Noch zu Janáčeks Lebzeiten wurde die Oper zum Beispiel in Zagreb (1920), in Berlin (1924), in der Metropolitan Opera in New York (1924), in Basel (1925) und in Antwerpen aufgeführt und seitdem wird sie regelmäßig in den Opernhäusern der Welt gespielt.


Inhalt der Oper

1. Akt

Die zauberhafte Jenůfa erwartet ein Kind und fürchtet, dass ihr geliebter Števa eingezogen wird - damit wäre die Hochzeit vereitelt. Als Števa glücklicherweise nicht eingezogen wird, betrinkt er sich aus lauter Freude. Die Küsterin, Jenůfas strenge Pflegemutter, stellt die Bedingung, dass Števa erst nach einem Probejahr, in dem er sich nicht betrinken darf, ihre Tochter bekommt. Števas Stiefbruder Laca liebt Jenůfa ebenfalls und überzeugt sie davon, dass Števa sie nur wegen ihrer Schönheit liebt. Im Streit verletzt er sie mit dem Messer.

2. Akt

Aus Furcht vor der Schande versteckt die Küsterin Jenůfa zu Hause und behauptet gegenüber den anderen, dass sie nach Wien gereist sei. Unterdessen bringt Jenůfa einen Sohn zur Welt. Während sie schläft, wirft sich die Küsterin vor Števa nieder und bittet ihn, Jenůfa zu heiraten. Števa ist Jenůfa und ihr verletztes Gesicht verleidet, außerdem ist er schon mit einer anderen verlobt. Stattdessen hält Laca um Jenůfas Hand an. Aber er erschrickt, als die Küsterin ihm vom Kind erzählt. Seine Zweifel bemerkend, denkt sich die Küsterin schnell aus, dass das Kind gleich nach der Geburt gestorben sei. Nachdem Laca gegangen ist, ertränkt die Küsterin das Kind im vereisten Fluss und redet dann Jenůfa ein, dass sie mehrere Tage im Fieber geschlafen habe und der Junge in der Zeit gestorben sei. Die erschöpfte Jenůfa willigt in die Hochzeit mit Laca ein.

3. Akt

Während der Vorbereitungen auf die Trauung verbreitet sich die Nachricht, dass im Fluss unter dem Eis ein totes Kind gefunden wurde. Jenůfa erkennt ihren Knaben und wird des Mordes verdächtigt. Die Küsterin bekennt sich vor allen dazu. Als sie abgeführt wird, vergibt ihr Jenůfa, weil sie begreift, dass sie das alles nur aus Liebe zu ihr getan hat. Jenůfa glaubt nicht, dass Laca sie noch mag und schickt ihn weg. Laca aber verspricht ihr, dass er auch in schlechten Zeiten bei ihr bleiben werde und Jenůfa versteht, dass sie in ihm ihre wahre Liebe gefunden hat.